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Batuz, Helme für Frieden

In den letzten Jahrzehnten hat der Künstler Batuz mit großer Konsequenz Kunstwerke entwickelt, in denen die Linie als eine gedankliche Grenze eine zentrale Bild-Funktion erhält. Landschaften sind entstanden, die völlig abstrakt sind, Ereignisse sind entstanden, die von vielen Personen gespielt wurden, um als Landschaftskunst weit draußen in der Natur zu aktivieren. Batuz arbeitet in vielen unterschiedlichen Medien. Gleichgeblieben aber ist seine Vorstellung von einer co-existierenden Welt als eine mögliche Gesellschaft, in der alle miteinander kommunizieren; die Intellektuellen untereinander, aber auch diese mit allen anderen. High and low spielt für ihn keine Rolle. Es gilt, eine friedliche Welt zu gestalten. Die Kunstwerke sind Agens in dieser Welt.

Deshalb zögert Batuz auch nicht, wie in dem Neißefluss-Projekt, Peinsk-Rotenburg, z.B. mit der deutschen Bundeswehr zusammenarbeiten. Er involviert die Soldaten in ein internationales Projekt, in dem die historisch delikate deutsch-polnische Grenze aufgehoben wird.

Batuz arbeitet in unterschiedlichsten Materien und Mitteln, in sehr differierenden Größen.

Die neuste Arbeit, „Helme für Frieden“ aus dem Jahr 2007, ist 550 cm hoch mal 1130 cm breit. Sie basiert auf den Erfahrungen seines Berlin-Wall-Projektes, das in dem Neißefluss-Projekt weitergeführt wurde. Fünf Jahre nach diesem Projekt sind die 167 Helme, die Farbflächen tragen, nach ihrer gemeinsamen Aktion im Neißefluss, aufbewahrt worden und jetzt von Batuz zu diesem monumental kleinteiligen großen Kunstwerk zusammengesetzt worden. Es trägt die Überlegungen, von no mas fronteras, von local to global, von communication through art, auch die abstrakten Erfahrungen der früheren Bilder und somit alle Elemente der Batuzschen Sprache.

Bereits Großformate wie Omen, 1979, enthalten die dritte Dimension in der abstrakten Oberfläche ebenso wie das Konzentrat auf eine reine Abstraktion, die dennoch legitim als Landschaft gesehen werden kann.

In „Helme für Frieden“ gestaltet sich ein großes abstraktes Bild aus ganz realen Gegenständen, die dennoch immer wieder in Malerei sich selbst überführen. Helme für Frieden wird in der Zukunft jene Kraft entwickeln, wie sie Guernica von Picasso für uns heute bedeutet. Das Kunstwerk wächst in die Zukunft, es gibt später Antworten, die zunächst noch gar nicht bekannt waren, auch nicht dem Künstler. Helme für den Frieden, 2007, hat jenes Potenzial an ästhetischen Energien, weil es inhaltlich Antworten gibt. Im Gegensatz zu Guernica arbeitet Batuz aus einer abstrakten, einer gedanklichen, philosophischen Welt heraus, die er immer wieder in praktische Resultate überführen möchte. Hier liegt das eigentliche Kunstwollen des Künstlers. Nicht im Abbild zu verharren, sondern der einsehbaren Welt, eine neue Realität hinzuzufügen. „Helme für Frieden“ ist kunthistorisch als abstraktes Historienbild konzipiert. „Helme für Frieden“ ist ein prinzipielles Werk, das Grenzen überwinden will, das als ein Mahnmal für die Zukunft die Geschichte verarbeitet und die Gegensätze der Völker einfach entvisualisiert.

„Helme für Frieden“ ist der bisherige Höhepunkt der großen Ambitionen des Künstlers und seiner Société Imaginaire. 167 Personen beider Geschlechts, vieler Nationen, unterschiedlichen Alters, äußerst differierender Berufe kommen zusammen, um auf Anordnung des Künstlers das Neißefluss-Projekt zu realisieren. Es ist ein Ereignis gewesen, ein Event, wie wir heute sagen. Es gibt eine filmische Dokumentation, aber an Ort und Stelle, dort wo es stattgefunden hat, fließt die Neiße weiterhin ruhig. Doch das Bewusstsein der Anwohner auf beiden Seiten des Ufers hat sich durch diese Aktion verändert.

Wenn jetzt die Relikte in einer großen künstlerischen Akkumulation, als Realgegenstände und Farbenträger, mit dem Farbträger militärischer Helm, zu einem großen neuen Kunstwerk zusammenwachsen, das wie eine durchlässige Wand vor uns steht, so zeigt Batuz mehrere Möglichkeiten des Sehens auf. 1. das Bild ist abstrakt; 2. das Bild ist ganz real; 3. das Bild atmet bei unterschiedlicher Bedeutung; 4. das Bild hat eine dreidimensionale Oberfläche; 5. die Arbeit ist völlig transparent; 6. das Bild ist abgeschlossen an den Seiten; 7. das Bild wächst über sich selbst hinaus im materiellen wie im geistigen Sinn; 8. Abstraktion ist verdichtete reale Aussage; 9. je realistischer desto abstrakter; 10. die Hermetik wird transparent.

Alle diese Eigenschaften, die noch erweitert werden könnten, z.B. auf soziale, biografische Aspekte usw., fallen bei Batuz zusammen in seinen theoretischen Vorstellungen der „interrelation of forms“. Aus dieser grundlegenden Überlegung heraus hat er sein riesiges Kunstwerk geformt, das jetzt als Meisterwerk eine neue Erfahrung für uns ist. Diese Wechselwirkung der Formen, Formen analog zu den Wechselwirkungen der Farben von Josef Albers, argumentiert auch mit den Gefühlswerten, nicht aber mit den farbigen Erinnerungen des Betrachters, die so trügerisch sind. Diese einzelnen Formen garantieren keine Aussage. Ihre Zwischenwirkung, ihre Wechselwirkung aber ist präzise. Zentral bleibt auch in der Theorie der „interrelation of forms“ das Arbeiten zweier Bildhälften um eine Linie herum im Miteinander friedfertig zu streiten, um zu zeigen, dass es keine Grenzen mehr gibt. Die Abstraktion bei Batuz ist immer auch Metapher, fast philosophische Allegorie über die menschliche Existenz. Batuz beherrscht das dialogische Prinzip im Bild selbst und dessen Wirklichkeit zu den Betrachtern. Umberto Eco spricht von der „opera aperta“, dem offenen Kunstwerk.

Die Arbeit „Helmets for peace“ ruft nach Kontinuität, nach Fortsetzung in aller Welt. Die internationalen Kontakte des Künstlers sollten es ermöglichen, dass die ganze menschliche Zivilisation auf dem nun so klein gewordenen Globus im Sinne einer wirtschaftlichen Globalisierung einen ästhetischen Dialog beginnt: communication through art. Hierbei kann z.B. die Bundeswehr, die viele andere Erfahrungen aufgrund ihrer eigenen Erfahrungen im Deutschen Reich gehabt hat helfen, ebenso wie zivile Organisationen.

Es sollte möglich sein, mithilfe vieler weltweit diese Korrespondenz als ein miteinander Diskutieren durch Kunst zu realisieren. „Helmets for Peace“ darf nicht alleine bleiben, es braucht eine große internationale Familie, die in Chemnitz ihren Ausgangspunkt hat, aber aber danach verlangt, die Örtlichkeit als Nichtbedingung für das Erstehen und Verstehen zu sehen, um die Internationalität und globalisierte Sicht dieses Kunstwerkes zu verwirklichen.

Hinter diesen Helmen für den Frieden steckt ein großes gedankliches Konzept, das über die Chemnitzer Arbeit weit hinaus reicht. Selten, sind Kunstwerke entstanden, die so unmittelbar und direkt die Weiterführung weltweit verlangen. „Helmets for Peace“ ist kein Kunstwerk eines Ateliers oder Künstlerstudios, eines Ortes, einer Stadt, sondern das visualisierte Denken in einer Welt-Gesellschaft.

Dieter Ronte, Bonn, Juli 2007